Samstagmorgen, sonnig, 23 Grad. Gutgelaunt mache ich mich auf zum Einkaufen. Vor der Migros steht, wie so oft, ein weniger gut Gelaunter, der das aktuelle Strassenmagazin frustriert vor sich her trägt und "Surprise" murmelt bei jedem und jeder der vorbeigeht.

Heute bleibe ich stehen, kaufe eine Ausgabe und warte geduldig, bis das Rückgeld aus den drei verschiedenen Taschen hervorgekramt ist - statt mich wie sonst möglichst unbemerkt vorbeizuschmuggeln. Dies mit dem Wissen, dass das Magazin ungelesen im Altpapier landen wird wie üblich. Schliesslich hat man Schlaueres zu lesen als die Surprise. Dachte ich jedenfalls.

Hellhörig - oder helläugig - werde ich, als ich lese, dass der Soziologe Bornschier im Heft die Globalisierung erklärt. Der abtretende oder schon abgetretene Zürcher Prof erzählt über seine Forschung zur Weltgesellschaft und darüber, dass die Ungleichheiten zwischen Staaten zugenommen hat, während die Ungleichheit innerhalb von Staaten abgenommen hat. Und über Weltpolitik und Regulierungen. Und über sein Weingut in der Toskana.

Doch das Heft hält noch ganz andere Überraschungen bereit: Ich erfahre, dass "Hans im Glück" ein Restaurant ist, in dem Behinderte arbeiten können. Und dass man auch als Blinder Fotos machen kann, um sie den sehenden Freunden mitzubringen, damit diese sehen können, was der Blinde selbst gehört, gefühlt, gerochen hat. Und dass in Basel auf der Kaserne ein ungewöhnliches Festival läuft, das inzwischen schon wieder vorbei sein wird: Wildwuchs, ein Festival "für solche und andere", an dem Behinderte und andere Musik und Theater machen und denen man den Spass auf den Fotos ansehen kann.

Und so landet diesmal die Surprise durchgelesen und zerzaust im Altpapier. Und ich warte auf den nächsten Einkauf und die nächste Überraschung.